Ein Studiengang voller Sprachen (aber keine, die man spricht)
Dass im Studium Programmieren eine wichtige Rolle spielt, war mir natürlich klar.
Wie groß die Vielfalt dabei ist, ist mir sukzessive in den ersten beiden Vorlesungswochen klar geworden. Und richtig klar wird es, wenn man all diese Tools dann auf dem eigenen Notebook installieren will. Gut, dass es praktisch in allen Vorlesungen konkrete Hilfen gibt, wie was und mit welchen Einstellungen zu installieren ist.
Was dann in den einzelnen Fächern auf den ersten Blick nach „ein bisschen Coden“ aussieht, entpuppt sich schnell als buntes Mosaik aus Sprachen, Tools und Plattformen – jede mit eigenem Charakter, eigenem Vokabular und eigenem Temperament.

Python – das Arbeitstier
Python ist im Studium allgegenwärtig. Ob Statistik, Datenanalyse oder Visualisierung – irgendwie landet man immer wieder bei dieser Sprache.
Mit Anaconda lässt sich eine ganze Python-Umgebung installieren, inklusive Pandas, NumPy und Co. – ein bisschen wie ein Werkzeugkasten, der alles enthält, was man braucht, aber leider auch vieles, das man nie wirklich versteht. Dazu kommt VS Code als Entwicklungsumgebung – modern, schlank, und gleichzeitig so voller Einstellungen, dass man sich manchmal fragt, ob man gerade programmiert oder den Bordcomputer eines Raumschiffs konfiguriert.
Und dann gibt es da noch die Jupyter Notebooks: mein persönlicher Favorit. Sie sind so etwas wie digitale Notizbücher mit integriertem Taschenrechner. Man kann darin gleichzeitig programmieren, Ergebnisse sehen und mitschreiben – ein großartiges Konzept, besonders, wenn man sich in einer Vorlesung Notizen machen möchte, die gleich ein Stück lauffähigen Code enthalten.
R – Statistik mit eigenem Akzent
Dann wäre da noch R – die zweite große Sprache im Studium, vor allem in Kursen mit statistischem Schwerpunkt. R ist sozusagen der Cousin von Python, aber mit eigenem Stil. Wo Python Wert auf Lesbarkeit legt, wirkt R manchmal, als würde es mit Absicht Abkürzungen und Sonderzeichen lieben. Allerdings kann man auch in Python so coden, dass man es nach kurzer Zeit selbst nicht mehr versteht.
RStudio ist dafür die passende Umgebung – sie erinnert an ein klassisches Laborjournal, nur eben digital. Man kann Daten importieren, analysieren, grafisch darstellen und Skripte schreiben. Aber wehe, man verwechselt die Dateipfade oder vergisst ein Komma – dann reagiert R ähnlich empfindlich wie ein GPS, das plötzlich „Neuberechnung“ ruft.
RDF, OWL, SPARQL – Wenn Daten sprechen lernen
Neben den klassischen Programmiersprachen tauchen in einigen Kursen Begriffe auf, die mich an meine ersten Jahre in der Lokalisierungsbranche erinnern. Damals haben wir noch fließend SGML gesprochen. Davon haben viele meiner Kommilitonen wohl noch nie was gehört.
Wenn es um Knowlede Represenation und Ontologien geht, sind RDF, RDF-S, OWL, SPARQL angesagt. Das sind keine neuen Streamingdienste, sondern Standards für das sogenannte Semantic Web – also eine Welt, in der Daten nicht nur gespeichert, sondern auch verstanden werden. Da sehe ich dann auch gleich die Verknüpfungen zur Terminologie. Ein Thema, dass mich schon sehr viele Jahre begleitet.
Die Idee ist faszinierend: Man verknüpft Daten so, dass sie Sinn ergeben.
Ein bisschen so, als würden Tabellen plötzlich anfangen, Geschichten zu erzählen. In der Praxis bedeutet das allerdings meist viele Pfeile, Knoten und Klammern – und das Gefühl, dass man eher ein Beziehungsdiagramm von Datensätzen zeichnet als programmiert.
Und natürlich: SQL – der Klassiker
Kein Studium ohne SQL. Es ist die Sprache der Datenbanken und damit so etwas wie das Latein der Informatik – alt, präzise, manchmal sperrig, aber unverzichtbar.
Während Python und R eher mit Daten „spielen“, verlangt SQL Disziplin.
Es erinnert ein bisschen an das Arbeiten mit Formularen: strukturiert, logisch, aber wehe, man vergisst ein Semikolon.
Zwischen den Welten – ein Lernprozess mit vielen Fenstern
Was alle diese Werkzeuge gemeinsam haben:
Man muss sie erst einmal zum Sprechen bringen – und zwar nicht nur mit sich selbst, sondern auch miteinander. Manchmal startet man Anaconda, um Python zu öffnen, das dann ein Jupyter Notebook aufruft, das wiederum eine Verbindung zu einer SQL-Datenbank herstellt, die über eine VPN-Verbindung erreichbar ist.
Es ist ein bisschen, als würde man eine Kaffeekette aus fünf Gliedern starten, nur um am Ende festzustellen, dass die Tasse fehlt.
In jeder Vorlesung werden zudem unterschiedliche Einstellungen benötigt:
Andere Ports, andere Interpreter, andere Pfade. Wenn man das einmal verwechselt, startet R plötzlich im falschen Verzeichnis oder VS Code sucht verzweifelt nach einer Bibliothek, die es nie gegeben hat. Das fühlt sich an wie der Moment, in dem man merkt, dass der USB-Stick in der Uni noch im Labor-PC steckt – nur digitaler.
Jupyter – der heimliche Star
Unter all diesen Tools haben sich für mich die Jupyter Notebooks als besonders hilfreich erwiesen.
Man kann sie lokal oder in der Cloud nutzen, sie verbinden Text, Code und Ergebnis auf einer Seite – und sie eignen sich hervorragend, um in Vorlesungen mitzuschreiben.
Ich kann Notizen machen, Codeblöcke direkt darunter ausführen und so Theorie und Praxis kombinieren. Manchmal schreibe ich einfach mit, während der Dozent spricht – und am Ende steht dort nicht nur Text, sondern gleich eine lauffähige und dokumentiert Beispielanalyse. Zumindest in der Theorie, denn derzeit enthalten meine Notizen vorwiegend die Hinweise, die ich in der Nachbearbeitung noch umsetzen muss, damit das Ganze überhaupt fehlerfrei ausgeführt werden kann. Sehr hilfreich ist dabei auch die KI, die man direkt anbinden kann. Man kann >Sie bitten den Code zu analysieren, auf Fehler aufmerksam zu machen oder auch Code zu erzeugen. Das klappt zwar nicht immer, aber immer öfter.
Meine persönliche Ergänzung – der Einführungskurs Programmierung
Mit der Zulassung zum Studium habe ich auch die Auflage erhalten, einen Einführungskurs in Programmierung zu belegen. Dort werden wir – und ich meine das ganz wörtlich – in die Grundlagen von Python eingeführt.
Datentypen, Variablen, Referenzen, Zuweisungen, Schleifen und Verzweigungen gehören zu den absoluten Basics – und an vieles davon kann ich mich tatsächlich noch aus meinem ersten Studium erinnern. Die Vorlesungen in Algorithmen, Programmiersprachen und Compilerbau sind zwar schon einige Jahrzehnte her, aber wie beim Fahrradfahren: Das verlernt man offenbar nicht.
Mit vier Wochenstunden plus Hausaufgaben ist das Modul trotzdem recht zeitaufwendig. Was mir allerdings auffällt: Die vermittelten Inhalte – also alles, was bis zum Ende des Semesters behandelt werden soll – braucht man eigentlich schon in den anderen Vorlesungen spätestens in der zweiten Woche.
Mit anderen Worten: Der Kurs kommt deutlich zu spät, um im Studienalltag wirklich hilfreich zu sein. Wenn schon eine Auflage, wäre es sicher sinnvoller, einen solchen Kurs als Block vor Semesterbeginn anzubieten. Gerade für Quereinsteigys, die nicht wie ich vor 30 Jahren schon einmal Informatik studiert haben, ist der Einstieg sonst ziemlich steil.
Fazit: Viele Wege führen zum Semikolon
Das Programmieren im Studium ist manchmal wie eine Sprachreise ohne Reiseführer.
Man lernt viele Dialekte kennen, stolpert über Satzzeichen, und irgendwann versteht man, dass jede Sprache ihre eigene Logik hat – und ihr eigenes Mysterium.
Aber genau das macht es spannend:
Jede Vorlesung, jedes Tool eröffnet eine neue Perspektive auf Daten, Strukturen und Zusammenhänge. Und auch wenn ich mich manchmal frage, ob ich gerade programmiere oder nur zwischen Fenstern hin- und herschalte – am Ende ergibt alles Sinn. Meistens zumindest.
Noch fühle ich mich ziemlich am Anfang, am Anfang einer Reise, die jeden Tag neue Eindrücke bringt.
